Die Ortsgemeinde Neuhäusel ist in erster Linie ein Dienstleister für Infrastruktur. Das Land gibt Aufgaben, Zuständigkeiten und die Arbeitsweise vor. Die dann noch verbleibenden Freiheitsgrade und Ressourcen sind nur gering. Die vergangene Wahlperiode war geprägt, um nur die Sachthemen zu nennen, von: Neubaugebiet Am Rabenberg (Planung, Erschließung und Straßenbau, Umlegung, Grundstücksverkauf), Kita (Betrieb, Sanierung und Instandsetzungen Gebäude, Personal und Organisation, geplante Kita-Erweiterung), Unterhalt von Straßen, Plätzen, Grünanlagen, Gestaltung Friedhof, neue Grabstättenarten, Vorbereitung Straßenausbau, Wiederkehrende Beiträge für den Straßenausbau, Sportstätten (Einsatz eines Mähroboters, schleppende Gebäudesanierungsmaßnahmen, die Sanierung des Rasenspielfeldes wurde für dieses Jahr eingeplant, für das Thema Turnhalle wird eine Machbarkeitsstudie erstellt, eine Lösung steht noch aus), Digitalisierung (Basics wie Breitbandanschlüsse und Kita-App, eine App für den Bauhof steht noch an, ebenso die Vernetzung mit anderen Behörden).
Meine Amtszeit endet nun mit der Konstituierung des neuen Gemeinderates und der damit verbundenen Wahl eines Bürgermeisters durch den Gemeinderat. Ereignisreiche Jahre, mit multiplen Krisen und Herausforderungen, in denen viel für die Fortentwicklung der Gemeinde erreicht werden konnte. In denen wir noch mehr hätten erreichen können. Letztlich geht es mir darum, in der einem gegebenen Zeit möglichst viel zu schaffen Doch die Entscheidungen im Gemeinderat waren sehr schwer, aufwändig und auszehrend. Als ob man Vollgas gibt und nur langsam von der Stelle kommt. Der Gemeinderat ist der zentrale Entscheider, der Bürgermeister derjenige, der die Arbeit hat, Entscheidungen vorzubereiten, herbeizuführen und umzusetzen. Bürgermeister ist ein Nebenjob, man schafft das nur, wenn man die Arbeit für die Gemeinde sehr hoch priorisiert, sich ihr hingibt, zäh und unbeugsam ist, den Überblick behält und einen extrem hohen Frustrationslevel besitzt. Die Politik im Kleinen, Lokalen ist wie die große Politik. Nur investiert man hier seine Freizeit und dort ist es ein Beruf. Mir erging es wie dem Mann in der Arena, den Theodore Roosevelt, 26. Präsident der USA in seiner Rede „Citizenship in a Republic“ beschrieben hat. Voller Dreck, Schweiß und Blut, mit Fehlern und Niederlagen, aber auch mit erreichten Erfolgen. Und keiner kalte Seele. Aber letztendlich ist irgendwann der Tank leer, man muss sich regenerieren, neue Kraft und Inspiration sammeln.
Am Festabend des 01.06.2024 anlässlich des letzten Gemeindepartnerschaftsbesuches von Sauvigny-les-Bois in Neuhäusel sprach ich davon, dass Gemeindepartnerschaften eine Basisbewegung zur Begegnung und Verständigung sind. Insbesondere auf dem Hintergrund, dass die Regierungen unserer beiden Länder sich immer weniger verstehen und verständigen. Ich zitierte Abraham Lincoln: „Die Dogmen der ruhigen Vergangenheit sind der stürmischen Gegenwart nicht mehr angemessen. Die Gegenwart ist voller Schwierigkeiten, und wir müssen mit den Ereignissen Schritt halten. Wir müssen neu denken und neu handeln. Wir müssen uns selbst entkleiden, dann werden wir unser Land retten.“ State of the Union Address, 01.12.1862. Dass eine Woche später der Ernstfall, die Bewährungsprobe eintreten würde, hätte ich damals nicht gedacht. Die Überwindung der Sklaverei, der deutschen Teilung und der Probleme der Vereinigung sowie das europäische Friedens- und Verständigungswerk mit dem essenziellen Kern der deutsch-französischen Freundschaft sind Langläufer, ein Marathon, ein Generationenwerk oder wie es Berthold Brecht formulierte: die Mühen der Berge liegen hinter uns, vor uns liegen die Mühen der Ebene. Wir sind ein kleiner Teil eines großen Mosaiks. Wir empfangen aber wir können auch geben.
Mein Wirken als Bürgermeister war mit dreieinviertel Jahren nicht allzu lang, kein jahrzehntelanges Wirken. Es war eine intensive arbeitsreiche Zeit, in der das Mögliche gemacht wurde. Und es ist durchaus up to date, wie erfolgreiche Politiker anderer Länder mit kurzer Amtszeit zeigen: Sanna Marin, Jacinda Ardern („Der Tank ist leer!“) und Edouard Philippe (wahrscheinlich muss er noch mal in die Arena steigen). Ich möchte mich ganz besonders für die sehr gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Beigeordneten bedanken: Thomas Marx (der den eigenständigen Geschäftsbereich Kindertagesstätte leitet), Michael Ferdinand und Andrea Poppenberg. Das ist nicht selbstverständlich. Ohne sie hätte ich das Bürgermeisteramt gar nicht ausüben können.
Meinem Nachfolger wünsche ich ein gutes Gelingen, Durchhaltevermögen und gute Ergebnisse.
Wolfgang Matz, Ortsbürgermeister